Welche sprachlichen Zutaten braucht der Themenkosmos der Nachhaltigkeit? Was macht die weiten Bezüge konkret, verfängt und prägt sich ein? Als Journalisten meinen wir, dass wir zu wenig auf die Sprachwelt(en) der Nachhaltigen Entwicklung schauen. Deshalb publizieren wir hier in loser Folge „Grüne Worte“ – prägnante sowie anregende Aussprüche, Zitate und sprachliche Zusammenfassungen rund um sozialökologische Themen. Viel Spaß beim Lesen!

Die Menschen von heute wollen aber nicht nur ökologische Nachhaltigkeit, sondern auch Partizipation, soziale Gerechtigkeit, kulturellen Respekt, Resilienz im Fall einer Krise. Wer dem Klimaschutz Vorrang vor allen anderen Interessen einräumen möchte, klingt verdächtig wie ein Förster, der alles Heil bei den Fichten sucht. (…)

 Nachhaltigkeit ist kein Zauberschlüssel, sondern eher ein grober Kompass, und nachhaltige Politik hat wie jede andere auch Risiken und Nebenwirkungen. Ein Denken in langen Zeiträumen verführt zur Unempfindlichkeit gegenüber dem Hier und Jetzt: Dass die Stromarmut just in einer Zeit entdeckt wurde, in der Politiker(innen) und Expert(inn)en im Zeichen der Energiewende mit Zielvorgaben für 2030 oder 2050 jonglierten, ist da nur der jüngste Beleg. (…)

Sollte man deshalb Abschied nehmen von dem Begriff? Letztlich würde das wohl eher auf eine talmudische Lösung hinauslaufen. Nach den Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte spricht mehr für das hartnäckige Nachfragen: Was genau ist mit „Nachhaltigkeit“ gemeint, welche materiellen und immateriellen Ressourcen erfordert die jeweils postulierte Politik, welche anderen Interessen sind davon tangiert, und wie geht man damit um? Wenn dann nur die altbekannten Worthülsen kommen, weiß man immerhin Bescheid.

Frank Uekötter: Ein Haus auf schwankendem Boden: Überlegungen zur Begriffsgeschichte der Nachhaltigkeit. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, 31/32 2014

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