Es gibt in diesem Buch Übersetzungsfehler, diskussionswürdige Passagen zu invasiven Arten und auch den immer wieder geführten Akdademikerstreit über das Anthropozän – als ob der Begriff selbst die Essenz wäre! Und die Wege zum Ziel bleiben, wie so oft bei visionären Werken, eher im Dunkel. Synthetische Biologie? Auch hier lässt sich diskutieren.

Dennoch ist es für mich eines der wichtigsten Bücher der letzten Jahre. Das liegt an seiner Klarheit, dem Autor und der Botschaft. Edward O. Wilson, der große Harvard-Biologe und einer der besten Kenner der Natur- und Umweltzerstörung, hat mit dem Titel „Die Hälfte der Erde. Der Planet kämpft um sein Leben“ einen stilistisch wie inhaltlich starken Band vorgelegt. Sein „Vermächtnis“, wie der C.H.Beck Verlag auf dem Einband schreibt, ist ein bewusst eklektischer Parforceritt durch die Erd- und Umweltgeschichte, angereichert mit eindringlichen ökologischen Botschaften und Appellen. Wilson erklärt und er klärt auf; er schafft diesen Sprung – aber wer, wenn nicht er als zweifacher Pulitzer-Preisträger, vielleicht bekanntester Biologe unserer Zeit und zudem von Altersweisheit gesegneter Universalgelehrter: Wilson ist 1929 ist geboren.

Eine Zahl, eine große Zielsetzung

Die Hälft der Erde als Schutzgebiet ausweisen – das größte Verdienst der Schrift ist diese klare, mit einer Zahl belegte Vision, die vielen ökologischen Anstrengungen ein Rahmen geben könnte – als gemeinsame große Zielsetzung, für die es sich zu arbeiten lohnt: aus Natur- und Klimaschutz heraus, aus der Perspektive von Agrar-, Energie., und Mobilitätswenden und aus Sicht der Ressourcenfrage, der sozialen Missstände und der Ernährungskrise. Denn alles hängt zusammen und basiert letztlich auf einem intakten Naturhaushalt – und damit dem  Erdzusammenhang, dem wir als Gesellschaft und Individuen unterliegen. Das macht Wilson in dem Buch immer und immer wieder deutlich, mit einer Fülle von eindringlichen Beispielen, die die grundlegende Bedeutung der gesamten Biosphäre für die Menschheit ein aufs andere Mal greifbar machen.

Es ist ein lauter Appell an eine Politik der ökologischen Nachhaltigkeit zugunsten aller auf ihr beruhenden Systeme und Sphären. Hier ein Kondensat auf dem Vorwort:

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