Von Susanne Bergius, Berlin

„Teure Ethik“ – so betitelte unlängst die Süddeutsche Zeitung eine Meldung der Nachrichtenagentur Reuters. Diese berichtete, die Umsetzung seiner eigenen Ethik-Richtlinien habe den norwegischen Staatsfonds im vergangenen Jahrzehnt 1,3 Milliarden Euro gekostet. Die Rendite sei von 2006 bis 2016 um 1,11 Prozent geringer ausgefallen. Diese gängige Vorurteile scheinbar bestätigende Nachricht macht seither die Runde, als ob sie der endgültige Beleg dafür wäre, dass ethisches und nachhaltiges Anlegen Rendite koste.

Hierzu lohnt ein näherer Blick auf die norwegischen Fakten, als auch auf wissenschaftliche Ergebnisse. Die rudimentäre Berichterstattung einiger Medien unter Negativ-Headline versäumte klarzustellen, dass es sich pro Jahr „lediglich“ um einen Performance-Rückstand von rund 0,10 Prozent handelte. Es fehlte zudem der Vergleich: Die Norweger fuhren mit ihrem Aktienportfolio eine durchschnittliche jährliche Rendite von immerhin 4,8 Prozent ein. Diese Relation lässt ethisches Investment gar nicht mehr so teuer erscheinen.

Überdies ist zu differenzieren: Einerseits gab es infolge der ethischen Ausschlusskriterien tatsächlich eine verpasste Performance von rund 0,17 Prozent pro Jahr. Andererseits hat der Fonds gerade dank der verhaltensbasierten Ausschlüsse über die zehn Jahre hinweg 0,8 Prozent mehr Rendite erzielen können als der breite Aktienmarkt. Ist das keine Meldung wert?

Susanne Bergius ist seit 2004 unabhängige Journalistin und Moderatorin für Nachhaltiges Wirtschaften und Investieren in Berlin. Sie schreibt für das Handelsblatt, Fachmedien sowie Buchpublikationen. (Quelle: Photohuber/Berlin)

Nachhaltigkeitsfilter können allerdings strukturelle Unterschiede gegenüber traditionellen Portfolios bewirken, so eine Anlagestil-Analyse des Absolut Report 2014. Dies kann phasenweise zu unter- oder überdurchschnittlichen Renditen führen. So geschehen in Norwegen. Aber wohin geht der Trend? Seit mehr als 40 Jahren forschen Wissenschaftler rund um den Globus zu den Effekten nachhaltiger Kriterien bei Anlage- und Unternehmensentscheidungen.

Die Uni Hamburg hat 2015 in der bis heute weltgrößten Metastudie 2250 wissenschaftliche Arbeiten analysiert. Ergebnis: Mehr als 90 Prozent der Studien zeigen – entgegen den Vorurteilen von Journalisten und Investoren – keinen negativen Effekt von Nachhaltigkeit auf den finanziellen Erfolg. Im Gegenteil: Knapp zwei Drittel der Studien ergeben eine positive Korrelation zwischen ESG-Aspekten und Finanzergebnissen. Man kann das sichtlich nicht oft genug wiederholen.

Dieser Kommentar erschien erstmals am 11.8.2017 im monatlichen „Handelsblatt Business Briefing Nachhaltige Investments“. Zur vollständigen Ausgabe gelangen Sie hier: http://www.handelsblatt.com/downloads/20171594/1/hb-business-briefing-investments_08_17.pdf

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