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Im Idealfall kommt nicht viel raus – außer Wasser. (Foto: flickr.com/Olli Henze/ (CC BY-ND 2.0) )

Von Konrad Götz und Georg Sunderer

Das Thema

Über das Abwasser gelangen zahlreiche unerwünschte Stoffe in den Wasserkreislauf: Medikamentenrückstände, Hormone, Körperpflegemittel, Kosmetika, Reinigungsmittel. Beispiel Arzneimittelrückstände: Es ist ein unerwünschter Nebeneffekt beim Gebrauch von Schmerzmitteln, Antibiotika, blutdrucksendenden Mitteln oder Psychopharmaka, dass der Wirkstoff nicht vollständig vom Körper abgebaut, sondern über den Urin direkt oder als Abbauprodukt wieder ausgeschieden wird. Ins Abwasser gelangen die Arzneimittelrückstände aber auch über die fehlerhafte Entsorgung von Restbeständen über die Spüle oder die Toilette.

Die mikrofeinen Reste all dieser im Wasserkreislauf unerwünschten Stoffe müssen durch teure technische Maßnahmen in den Kläranlagen beseitigt werden. Dies gelingt jedoch nie vollständig, und so gelangen die chemischen Verbindungen über den Ablauf aus den Kläranlagen in Flüsse und Seen zurück in die Natur und den Wasserkreislauf. Zudem entstehen durch die neuartigen Verfahren sogenannte Transformationsprodukte, deren Wirkung auf Mensch und Umwelt wiederum noch nicht ausreichend erforscht sind. Es empfiehlt sich daher, nicht nur Maßnahmen zur nachträglichen Entfernung der Spurenstoffe anzugehen, sondern im Sinne des Vorsorgeprinzips Konsumentinnen und Konsumenten für dieses Thema zu sensibilisieren, so dass weniger Stoffe in das Abwasser gelangen.

Um eine solche Ansprache gezielt leisten zu können, ist es sinnvoll zu wissen, was bisher in den Medien über das Thema berichtet wurde. Im BMBF-Forschungsprojekt Transrisk wurde dazu eine Medieninhaltsanalyse durchgeführt, deren Ergebnisse nachfolgend in Kurzform vorgestellt werden (Dazu ausführlich: ISOE – Studientexte 21, Georg Sunderer, Konrad Götz, Karoline Storch unter Mitarbeit von Stefanie Hagenkamp Medieninhaltsanalyse zu anthropogenen Spurenstoffen im Wasser. Ergebnisse aus dem Projekt TransRisk)

Bei der Medieninhaltsanalyse geht es um folgende Fragen:

  • Welche anthropogenen Spurenstoffe werden in den Medien thematisiert?

  • In welchen Ressorts und mit welcher Tonalität?

  • Werden Folgen und Gefahren angemessen thematisiert?

  • Welche Lösungen werden aufgezeigt? Werden Verbrauchertipps gegeben?

270 Artikel unterschiedlicher Medien

Einbezogen wurden sowohl überregionale Zeitungen und Zeitschriften, die unterschiedliche soziale Milieus ansprechen, (Bild, FAZ, FR, SZ, taz, Welt, Zeit, Spiegel, Focus) als auch – mit Bezug auf die Beispielregion des Projekts – Medien aus Süddeutschland (Stuttgarter Zeitung, Südwestpresse) sowie die Apotheken-Umschau als Kundenzeitschrift. Einbezogener Zeitraum: die Jahre 2000 bis 2012.

Ausgewählt wurden ausschließlich Print-Beiträge die per Online-Archiv erhältlich waren. Auswahlkriterium war, dass anthropogene Spurenstoffe oder Krankheitserreger im Wasserkreislauf thematisiert wurden und dass zumindest implizit verursachende Handlungen von Verbrauchern angesprochen wurden – insgesamt 270 Artikel wurden berücksichtigt.

Überwiegend sachliche Berichterstattung

Zu 57% handelt es sich um längere Berichte oder Reportagen, 40% sind Nachrichten oder Kurzmeldung. – Kommentare und Leitartikel finden sich kaum. Die meisten Beiträge erscheinen in den Rubriken Wissen/Wissenschaft/Technik (42%) oder im Regionalteil (31%). Unter Politik und Wirtschaft erscheint das Thema deutlich seltener (11%).

Zusätzlich wurde die Darstellungsform und die stilistische Färbung klassifiziert. Zwei Drittel der Artikel haben einen klar nachrichtlichen Charakter, 22% einen wissenschaftlichen und 17% einen handlungsleitenden. Die große Mehrzahl der Artikel argumentiert sachlich. Einen reißerisch-dramatisierenden oder einen verharmlosenden Ton haben nur 5% der Beiträge.

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Genannte Spurenstoffe in den Artikeln (Quelle: ISOE/Götz/Sunderer)

Von den unterschiedlichen Spurenstoffen werden Medikamentenrückstände mit 77% klar am häufigsten genannt. Dabei wird insbesondere auf Hormone, Antibiotika und Schmerzmittel eingegangen (siehe Abbildung 2). Deutlich seltener geht es um Röntgen-Kontrastmittel und um Reststoffe aus Haushaltsmitteln, also Wasch-, Reinigungs-Spül- und Desinfektionsmittel. Nur in etwa jedem zehnten Artikel werden Pflanzenschutzmittel, Kosmetika und Pflegeprodukte sowie Viren/Bakterien/Pilze genannt.

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Genannte Medikamente in den Artikeln (Quelle: ISOE/Götz/Sunderer)

Folgen und Gefahren

Mögliche oder festgestellte Folgen und Gefahren für die Umwelt werden in 60 % der Artikel angesprochen. In 28 % der Beiträge werden die Gefahren nicht weiter konkretisiert. Wenn aber doch, dann geht es am häufigsten um Geschlechtsveränderungen und Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit bei Tieren. Weitere genannte Folgen sind Organschäden und Verhaltensänderungen bei Tieren sowie die Ausrottung von Populationen. Gefahren für den Menschen werden in 30% der Artikel und damit deutlich seltener genannt. Dabei wird auf Krankheiten wie Krebs, die Entwicklung resistenter Viren und Bakterien und, analog zu den Folgen für die Umwelt, auf die Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit eingegangen.

Lösungsansätze und Handlungstipps

Mit Blick auf die Minimierung der Spurenstoffe wird etwa gleich oft auf nachträgliche Reinigungsverfahren (30%) und vorsorgende Maßnahmen (33%) eingegangen. Konkrete Handlungstipps für Verbraucher werden nur in 14% der Artikel vermittelt. Dabei wird am häufigsten, aber mit äußerst widersprüchlichem Ergebnis, auf die richtige Entsorgung von alten/nicht verbrauchten Medikamenten eingegangen.

Fazit

Insgesamt werden potentielle Risiken sachlich und angemessen thematisiert. Denn nach heutigem Wissensstand gibt es für die Menschen keine akuten Gefahren, aber viele unbekannte Faktoren. Dagegen sind Schädigungen bei Kleinlebewesen und Veränderungen bei Fröschen bewiesen. Diese Risiken für die Fauna werden in einigen wenigen Medien dann auch als Vorwand für reißerische Formulierungen verwendet.

Künftige Kommunikation zu Spurenstoffen im Wasser sollte auf die Vermittlung von solidem Handlungswissen zielen. Bei Medikamenten sollte es vor allem darum gehen, einen einheitlichen Entsorgungsweg aufzuzeigen und damit die großen Wissenslücken zu schließen, die bei einer repräsentativen Umfrage des ISOE in 2013 deutlich geworden sind. Demnach gaben 47 Prozent der Befragten an, flüssige Medikamentenreste selten, manchmal, häufig oder sogar immer über die Spüle oder die Toilette zu entsorgen. Nur 15 Prozent der Befragten entsorgten Ihre Medikamente richtig, das heißt entsprechend der von der Bundesregierung empfohlenen Praxis über den Restmüll. (Ausführlicher dazu die Pressemitteilung Medikamenten-Entsorgung: Verbraucherwissen mangelhaft vom 27.5.2014).

Bei der Wissensvermittlung zum Thema Spurenstoffe, die nicht aus Medikamenten stammen, gilt es zunächst einmal, ein entsprechendes Problembewusstsein zu schaffen. In einem zweiten Schritt müssten dann sinnvolle Handlungsalternativen aufgezeigt werden.

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