ein Text von Jonas Jung
Noch 2022 waren bei der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) die wenigsten Mitglieder im neuen Jahrtausend gezählt worden. 2024 hat der Verband jedoch so viele Mitglieder wie nie zuvor. Wie kam es zu dieser exorbitanten Steigerung?
Zahlen beweisen Trend
Anfang der 2000er Jahre waren rund 566.000 bundesweite Mitglieder bei der DLRG registriert. Im Vergleich mit den Jahrzenten davor bedeutete das einen steten Anstieg der Zahlen. Doch bis 2016 ging der Trend im neuen Millennium dann bergab, und so waren es nur noch rund 548.000 Mitglieder. Für René Rörig, Leiter der DLRG-Verbandskommunikation in Hessen, lag das an einem gesellschaftlichen Trend. Denn Vereine und Verbände verlieren allgemein überall Mitglieder; das ehrenamtliche Engagement geht zurück.
Bundesweit sind die Mitgliederzahlen seit 2016 angestiegen. Für die DLRG Hessen gab es schon 2014 den Aufwärtstrend, berichtet Rörig. Er hat eine Erklärung: „Erstens gibt es immer weniger Schwimmbäder, was dazu führt, dass es weniger Schwimmunterricht in den Schulen gibt. Das bedingt dann natürlich, dass das mehr aus staatlicher Verantwortung in private Strukturen gegeben wird“, sagt der Verbandssprecher und wird dabei ausführlicher: „Zum Anderen ist es auch so, dass das Ehrenamt immer weiter professionalisiert wird. Und die Gesellschaft begreift langsam, dass Schwimmen überlebenswichtig ist. Du kannst dein Leben gut bestreiten, wenn du kein Fußball spielen kannst, wenn du aber nicht Schwimmen kannst, wird es schwierig. Auch mit einem gewissen Urlaubs- und Freizeitwert.“
Wendepunkt Coronazeit
Auch in diesen Jahren ist die Mitgliederzahl der DLRG weiter gestiegen. Der Anstieg von 548.000 im Jahr 2016 auf 574.000 im Jahr 2020 war allerdings längst nicht so stark wie der Sprung nach 2022. Um das zu verstehen, muss man in die Corona-Jahre schauen: Da in der Pandemie Vieles still stand und somit auch vor allem sportliche Aktivitäten, sind auch die Mitgliederzahlen der DLRG im Jahr 2022 auf das Rekordtief von 546.000 gesunken.
Die Ungewissheit vieler, wie und wann es weitergehen würde, habe dazu geführt habe, dass sich viele Menschen abgemeldet haben, mutmaßt René Rörig. Das betraf auch hauptsächlich Kinder und Jugendliche. Damit sind bei der DLRG alle unter 26 Jahren gemeint. Während nämlich ältere Mitglieder in dieser Zeit oft noch im Katastrophenschutz oder bei der Küstenwache im Einsatz waren, war das Angebot für die jüngere Altersgruppe deutlich begrenzter – und durch die sich regelmäßig ändernden Auflagen nicht kontinuierlich aufrecht zu erhalten. Neue Mitglieder konnten in dieser Zeit ebenfalls nur schwer gewonnen werden.
Der Phönix aus der Asche
Nach dem Rekordtief folgte der große Zuwachs. Rund 606.00 Mitglieder zählte die DLRG Anfang 2024. „Es liegt vor allem daran, dass zwei Generationen Schwimmkurse ausgefallen sind. Nach der Corona-Pause hatten wir nicht den einen jährlichen Jahrgang, sondern drei Jahrgänge auf einmal. Und da man in der Regel nicht für drei Termine zum Schwimmkurs der DLRG geht, sondern längerfristig, spiegelt sich das auch in den Mitgliederzahlen wider“, so Rörig. Eltern, die früher einmal in der DLRG aktiv waren, hätten durch ihre Kinder wieder zurückgefunden um wieder selbst als Schwimmausbilder:in aktiv zu werden.
„Und während Corona fehlte Vielen ein Gemeinschaftsgefühl, das gibt es bei uns. Da ist es uns gut gelungen, die dann auch zu binden“, so Rörig. Doch nun gibt es teils zu viel Interesse: „Der große Zuwachs hat unsere Situation mit den eh schon überfüllten Kursen nicht verbessert. In manchen Regionen gibt es volle Wartelisten. Das haben wir aber alles gut hinbekommen.“ Und das alles gilt nicht nur für Hessen. Bis auf Bremen stiegen vergangenes Jahr die Mitgliederzahlen von allen Bundesländern. Der Aufwärtstrend zeigt sich nicht nur an den Mitgliederzahlen sondern im Spendenaufkommen. René Rörig: „Stand jetzt läuft es bei uns nämlich auf ein sehr erfolgreiches Spendenjahr hinaus.“