“Ein langer Atem für den Darmbach” – Wie eine Initiative versucht, das kleine Gewässer im Herzen der Stadt wieder zum Leben zu erwecken      

Ein Interview von Lucie Kraft

Im Jahr 2023 flossen rund 1,3 Millionen Euro aus dem Darmstädter Haushalt in die städtische Kläranlage – ein enormer Betrag, der für die Aufbereitung von sauberem Darmbach Wasser ausgegeben wird. Für den Darmbach e.V. ein ökologischer Missstand, dem der Verein seit seiner Gründung im Jahr 2008 entgegenwirkt und sich für die Offenlegung und Bekanntmachung des Fließgewässers einsetzt. Ziel ist es, den verantwortungsvollen Umgang mit der Ressource Wasser zu fördern, Lebensräume für Tiere und Pflanzen zu schaffen, das Stadtbild zu verschönern und die Frischwasserversorgung des Großen Woogs in Trockenzeiten zu sichern. 

Der rund 30 km lange Darmbach, der im Darmstädter Ostwald entspringt, fließt ab dem Vivarium durch Wiesenlandschaften, durchquert den Botanischen Garten und den Großen Woog, bevor er meist unterirdisch bis in den Westen der Stadt verläuft und so weitgehend in Vergessenheit geraten ist. Ein weiteres Anliegen ist die Reaktivierung des Meiereibachs, der seit den 1970er Jahren ebenfalls in die Kanalisation geleitet wird. Er soll unter der Bundesstraße B26 wieder in seinen ursprünglichen Lauf zurückgeführt werden, um den Darmbach und den Großen Woog mit Wasser zu versorgen.

Quelle: Darmstadt am Darmbach – Initiative Offenlegung des Darmbachs – ein Fluss für Darmstadt

Die Vorsitzende des Vereins, Jutta Habermann, ist sehr engagiert und freut sich über jedes Interesse an dem Projekt.

Wie sind Sie dazu gekommen, sich für den Darmbach zu engagieren? 

Ich habe mich schon immer in meinem Umfeld sozial engagiert und bin Mitbegründerin des Vereins Kinder- und Jugendarbeit e.V. im Johannesviertel. Meine Verbindung zum Darmbach-Projekt begann in den 1990er Jahren, als Darmstadt im Rahmen der Agenda 21-Prozesse Initiativen zur nachhaltigen Stadtentwicklung startete. Die Offenlegung des Darmbachs war damals ein zentrales Projekt und ich bin 2009 dazu gestoßen. Mein Interesse an politischen Prozessen, das ich schon immer hatte, hat mir dabei geholfen, mich schnell in meine Rolle als Vorsitzende einzufinden. Ich glaube, ich weiß jetzt, wie politische Macht funktioniert, und das kann ich für den Verein nutzen. Das heißt, es ist eigentlich eher umgekehrt. Weil ich glaube, dass ich mich auskenne, fühle ich mich verpflichtet, mich der Öffentlichkeit zu agieren. 

Hat Sie eine Person oder ein Ereignis besonders geprägt?

Das Soziale sowie auch die Natur sind schon immer ein Teil meiner Biografie. Auch in meiner Familie wurde immer ein Bezug zur Natur vermittelt und wir haben als Kinder oft an unserem örtlichen Bach gespielt. Als ich dann von der Situation des Darmbachs gehört habe, war für mich klar, dass sich etwas ändern muss. Es war also weniger eine Person als die Sache selbst. Ich glaube, da ist auch die Sozialarbeiterin in mir erwacht. Man hat mich auch schon die Frau für die “harten Fälle” genannt. Das ist bei der Arbeit in unserem Verein ähnlich, man muss einen langen Atem haben- ein mittlerweile geflügeltes Wort in unserem Vorstand, ohne das man nicht auskommt. 

Konnten Sie schon Erfolge erzielen?

Ein wichtiger Schritt in jüngster Zeit war die Erstellung einer Machbarkeitsstudie. Doch trotz vielversprechender Ergebnisse wird diese aufgrund politischer Entscheidungen vorerst nicht veröffentlicht. Hinzu kommt ein weiteres großes Hindernis: Die Rinne vor dem Wissenschafts- und Kongresszentrum Darmstadtium. Viele Menschen glauben, hier fließe der Darmbach, tatsächlich ist er jedoch nicht an diese Rinne angeschlossen und der Kanal ist mit Trinkwasser gefüllt. So entsteht der Trugschluss, der Darmbach führe zu wenig Wasser. Diese und andere Missverständnisse erschweren die Kommunikation des Projekts in der Öffentlichkeit.

Was ist Ihre Hauptaufgabe im Verein? 

Das Thema immer wieder auf die politische Agenda zu setzen, denn trotz erster Fortschritte scheitert die Umsetzung immer wieder an politischen Widerständen. Aber wir kommunizieren auf eine angenehme Art und Weise, auch wenn wir manchmal nerven. Das zeigt, dass wir hartnäckig an unserer Sache arbeiten. Besonders stolz bin ich auf unsere Öffentlichkeitsarbeit, die das Projekt in der Stadt bekannt macht. Trotz Rückschlägen lautet unsere Devise: Weitermachen! Dabei setzen wir vor allem auf das Engagement unserer Mitglieder und ermutigen auch neue Unterstützer:innen, sich einzubringen. Je mehr Menschen hinter dem Projekt stehen, desto größer wird der Druck auf die Politik. 

Seit vielen Jahren setzt sich der Verein für die Offenlegung des Darmbachs ein, auch wenn die Fortschritte oft klein und die Hindernisse groß sind. Aufgeben ist aber auch für Frau Habermann keine Option. Statt sich von Rückschlägen entmutigen zu lassen, blicken sie nach vorne und halten an ihrer Vision fest: Eines Tages soll der Darmbach sichtbar durch Darmstadt fließen. 

Share on:

Related Posts

Skip to content