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Die amerikanische Gesellschaft der Umweltjournalisten im Porträt

SEJ
Bildschirmfoto 2013-10-16 um 11.08.03
Screenshot: sej.org

Von Gesa Seidel

 „Strategically, this ist the perfect time to beef up environmental coverage, and yet it ist the worst time, financially.“ So beschreibt die Society of Environmental Journalists (SEJ) die gegenwärige Lage im Umweltjournalismus. Die Berichterstattung zu Umweltthemen in ihrer Qualität und Reichweite zu verbessern und das öffentliche Verständnis für sie– das hat sich die SEJ zum Ziel gesetzt. Sie ist in erster Linie ein Netzwerk von und für nordamerikanische Journalisten aller Medienzweige, die sich der Umweltberichterstattung verschrieben haben. Ihren Hauptsitz hat die Organisation in Jenkingtown (Pennsylvania).

Die Vereinigung wurde 1990 von einer kleinen Gruppe Journalisten gegründet. Autoren, Redakteure und Verleger aus unterschiedlichen Medienbranchen taten sich damals zusammen; sie arbeiteten unter anderem für The Philadelphia Inquirer, USA Today, National Geographic, Turner Broadcasting und Minnesota Public Radio. Heute hat die SEJ 1500 Mitglieder, die in den USA, Kanada, Mexiko und 27 weiteren Ländern arbeiten – als fester Redakteur, freier Mitarbeiter, Fotograf, Journalismusstudent oder Dozent.

„Wir sind nicht alle ausschließlich Umweltjournalisten. Diese Themen sind groß und wichtig, aber die meisten schreiben auch über anderes. Und richtig gelernte Umweltjournalisten gibt es sowieso kaum“, sagt Jeff Burnside, Vizepräsident der SEJ. Er selbst ist Senior Investigative Reporter bei KOMO 4 News in Seattle. Dabei kümmert er sich um investigative Geschichten, tagesaktuelle Meldungen und Umwelt.

Rasanter Mitgliederzuwachs

Die Motivation der SEJ-Gründungsmitglieder war zugleich ideeller und pragmatischer Art:  Weil die US-Öffentlichkeit von vielen Umweltprobleme nichts weiß, stehen Journalisten in der Verantwortung, über sie zu berichten. Und dabei können sie Hilfe gebrauchen, weil es oft an Zeit und Geld mangelt, Hintergrundrecherchen zu betreiben. Gerade erfahrene Umweltjournalisten, die ihre Erfahrungen in einem Verband an junge Kollegen weitergeben, sind dabei eine wertvolle Unterstützung.

Mit diesen Annahmen lagen die Gründer richtig, denn binnen der ersten fünf Jahre wurden aus drei Dutzend schnell mehr als 1000 Mitglieder. Mittlerweile ist der Anstieg zwar nicht mehr so rasant, doch Burnside wertet das positiv: „Wir sehen es als gutes Zeichen, dass die Zahlen nicht zurückgehen in dieser Zeit, in der immer mehr Journalisten ihren Arbeitsplatz verlieren. Und andere immer weniger finanzielle Mittel haben, um zum Beispiel zu unseren Treffen zu kommen oder Mitglied zu werden.“

Auch heute gelten die alten Thesen – oder gerade jetzt?

Diese strukturellen Probleme des Journalismus werden immer wichtiger, betreffen sie im Endeffekt doch auch jeden Leser, Hörer und Zuschauer. Insgesamt ist die Recherchekompetenz des Berufsstandes in Gefahr. Und Umweltjournalismus ist besonders rechercheintensiv. Themen wie Klimawandel, Abgase, Abfall oder gefährdete Ozeanen seien nun mal nicht in kurzen Meldungen abzuhandeln, sagt die SEJ. Außerdem könne die Öffentlichkeit oft nicht zwischen einer soliden Berichterstattung, aus der Industrie kommenden Nachrichten und auch haltlosen Spekulation unterscheiden.

Gerade in Printredaktionen wird gekürzt, wo es geht – und teilweise darüber hinaus. So müssten oft zwei Drittel der Belegschaft das produzieren, was früher von der kompletten Redaktion geschrieben wurde, schreibt die SEJ online. Dabei würden Artikel nicht unbedingt kürzer, häufiger aber oberflächlicher. Denn für ausführliche und kritische Hintergrundrecherche fehlt einfach die Zeit.

Forderungen nach besseren Recherchen

Die Konsequenz aus der Misere scheint einfach: Sowohl die Journalisten selbst als auch die Entscheidungsträger der Medien müssen sich stärker mit Umweltfragen beschäftigen. Ausreichende Ressourcen, genügend Zeit, Recherchematerial und ein Grundverständnis der Umweltthemen sowie jegliche weitere Unterstützung, die verfügbar ist, seien nötig, fordert die SEJ.

Und genau das will der Verband selbst bieten. Das Spektrum der Hilfsmittel, Tipps und Förderungen ist breit: Zahlende Mitglieder erhalten Vergünstigungen bei Veranstaltungen und die aktuellste Ausgabe des SEJ-Magazins. Im aktuellen Heft findet man ein Feature mit dem Titel „The Endangered Species Act at 40: Forty Things Journalists Should Know“, eine Reporters-Toolbox „Not-so-hidden Resources for Busy Environmental Journalists“ und den Artikel „Freelance Files: If It’s Tuesday, This Must Be Guyana (Or Qatar, or France): How One Freelancer Supports a Travel Addiction“. Außerdem gibt es zahlreiche dotierte Preise und Auszeichnungen für Umweltberichterstattung, Workshops, ein Mentoren-Programm, Archivzugriffe, sowie jährliche und regionale Konferenzen.

Die SEJ finanziert sich aus mehreren Quellen: Das Geld stammt in erster Linie aus Mitgliedsbeiträgen, danach kommen Eintrittsgeldern von Veranstaltungen und Spenden. „Wir müssen ganz schön kreativ werden, um an Geld zu kommen. Denn die Regeln in der SEJ sind sehr strikt, was die Geldgeber angeht “, erzählt Jeff Burnside. „Schließlich sind wir eine unabhängige Organisation. Wir dulden keine Gelder aus der Wirtschaft, noch haben Lobbyisten die Möglichkeit, bei uns Mitglied zu werden.“

Tools and Tipps 

Was die Society of Environmental Journalists für deutsche Journalisten an Hilfsmitteln online zu bieten hat, gibt es hier im Überblick.

Headlines: In dieser Sektion kann man sich über die neuesten Forschungsstände, Entwicklungen und Meldungen aus sämtlichen Bereichen des Themenfeldes Umwelt informieren. Die EJToday: Top Headlines und der River of News liefert auch für deutsche Journalisten eine Menge Ideen.

SEJ Publications: Hierzu zählen einige Archive und Guides, die sehr nützlich sind. Unter anderem sind dies…

  •  … Climate Change: A guide to the information and disinformation mit Inhalten wie beispielsweise
  • Publications to follow (etwa drei Dutzend der besten Quellen, wenn es  um täglich aktuelle Klima-News geht),
  • Simple Introductions und Basic Science (viele Links zu Seiten, die Klimawandel-Basiswissen bieten),
  • Research/Academic Institutions (Forschungsinstitute, die sich mit dem Klimawandel beschäftigen mit ihrem jeweiligen Schwerpunkt und sämtlichen Kontaktmöglichkeiten),
  • SEJ Journal, das vierteljährlich erscheinende Magazin der Society of Environmental Journalists. Hier gibt es News, Hintergrundgeschichten, Interviews, Features, Insiderstories, Buchbesprechungen und eine „reporters toolbox“ mit praktischem Know-How von den besten Aufnahmegeräten über nützliche PC-Programme bis hin zu Fotografie-Tools. Die aktuelle Ausgabe ist Mitgliedern/Abonnementen vorbehalten, auf alte Hefte kann jedoch jeder im Archiv zugreifen und sie sich als pdf herunterladen.

Library: Die Library bietet viele Recherchequellen, die von SEJ-Mitgliedern selbst geschrieben oder vorgeschlagen werden. Sortiert sind sie entweder nach der Form der Veröffentlichung, oder aber nach Themen.

Es gibt etwa 100 Blogs and More, die alles zu den Themen Journalismus, Umwelt und Umweltjournalismus liefern, was es gibt. Dazu gehören unabhängige als auch von der Regierung finanzierte Blogs, von Mitgliedern und Nicht-Mitgliedern, solche die sich auf bestimmte Themen konzentrieren und vieles mehr.

  • Books, hier gibt es sowohl Buchbesprechungen über Bücher, die sich mit der Umwelt und ihren Problemen befassen, als auch „environmental fiction“.
  • Environmental Issue Area: Hier kann man gezielt nach Themen aus bestimmten Umweltsektoren auf suchen wie beispielsweise Biodiversität, Fischerei, Wälder oder Abfall. Allerdings ist diese Seite noch im Aufbau und funktioniert erst bei einigen Themen.
  • Featured Journalists, das sind Blogs, „Abouts“ und Artikel von Mitgliedern wie zum Beispiel Edward Humes, Pulitzer-Preis-Gewinner und Autor, James Bruggers, Reporter, Präsident vom The (Louisville) Courier-Journal und ehemaliger SEJ-Präsident, Lori Wark (mit ihrem Climate-Change-Blog), Peter Fairley (Carbon-Nation-Blog) und viele andere.
  • Freelance, ein Bereich, der für freien Journalisten eingerichtet ist. Hier gibt es Links zu Freelancer-Organisationen und anderweitige Hilfe.

Außerdem gibt es noch die Möglichkeiten, seine Arbeit bei Jobs anzubieten oder nach Freelancers for Hire zu suchen, weitere Links wie Useful Links oder die Source Lists, eine Liste mit Links von der Bundesbehörde in den USA, spezielle Bereiche für die SEJ Canada und die SEJ Español, und ein paar Teaching Tools für Lehrer und Dozenten aus dem Bereich Journalismus.

Darüber hinaus gibt es noch weitere Bereiche, die aber hauptsächlich für Mitglieder nützlich sind, wie die Initiatives und der Calendar, die Informationen rund um Programme, Konferenzen, Awards und Meetings gibt.

Erstveröffentlichung 14.10 2014

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