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Vom Ladenhüter zum Trend-Gefährt: E-Bikes im Aufschwung

Mit dem Pedelec am Gardasee: Auf den ersten Blick fällt der Unterschied zu einem Mountainbike nicht auf. (Quelle: Kathrin Anni Lettner)
Mit dem Pedelec am Gardasee: Auf den ersten Blick fällt der Unterschied zu einem Mountainbike nicht auf. (Quelle: Kathrin Anni Lettner)

Von Kathrin Anni Lettner

Ein E-Bike versteht sich für Laien als ein Fahrrad mit Motor- und Steuersystem. Dabei gibt es einen großen Unterschied zwischen einem E-Bike und einem Pedelec, wie Matthias Zach, Geschäftsführer  des „E-Motion & E-Bike Premium-Shop“ in Nürnberg, weiß: „E-Bike ist sozusagen nur der Oberbegriff für ein Fahrrad mit Hilfsmotor. Ein E-Bike ist eigentlich eine Art Mofa und so muss der Fahrer – anders als beim Pedelec – nicht in die Pedale treten, um zu fahren. Das E-Bike fährt bis zu 20 km/h, der Fahrer braucht einen Mofa-Führerschein und ein Helm ist außerdem Pflicht.“

Der Name Pedelec stammt vom Begriff „pedal-electric-cycle“. Der Fahrer muss hier in die Pedale treten, um Unterstützung vom Motor zu bekommen. Per Tastendruck kann er dabei das Verhältnis zwischen Eigenarbeit und Motorkraft einstellen und ein flottes Dauertempo von bis zu 25 km/h erreichen. Die Fahrräder mit Hilfsmotor gibt es nicht erst seit 2005; eines der ersten belegten Patente sicherte sich der Erfinder H.W. Libbe bereits im Jahr 1897, als er Planzeichnungen und technische Beschreibungen für ein akku- und elektromotorbetriebenes Zweirad einreichte.

Die ersten Elektrofahrräder kamen allerdings erst im Jahr 1992 auf den Markt. Einige dieser Exemplare besitzt Hannes Neubert, Gründer und Vorstand der Organisation ExtraEnergy: „Ich bin sehr froh, dass ich diese Raritäten in meinen Hallen stehen habe. Viele, die sich bei uns über E-Bikes informieren, glauben immer, dass es diese Räder erst seit ein paar Jahren gibt – bis ich Ihnen diese Prachtstücke zeige.“

„Unhandlich und schwer“

Doch warum wurde den Pedelecs Anfang der 90er Jahre kaum Beachtung geschenkt? „Die Batterien waren viel zu groß und machten das Fahrrad unhandlich und schwer. Auch die Haltbarkeit war keineswegs vergleichbar mit der eines heutigen Akkus. Man konnte gerade einmal zehn Kilometer mit eingeschaltetem Hilfsmotor fahren“, so Neupert. Der Akku – damals eine Blei-Säure-Batterie – war außerdem hinter dem Sattel angebracht und sorgte für ein sehr unausgeglichenes Fahrverhalten. Aufgrund des Schwerpunktes von Fahrer und Fahrrad werden daher heutzutage vor allem Mittelmotoren verwendet.

Die Trendwende hin zu Elektrofahrrädern kam laut Hannes Neupert gegen Ende der 1990er Jahre, als die japanische Firma Yamaha erstmals einen Kraftsensor und die individuelle Unterstützung  in ein Pedelec einbaute. Auch europäische Unternehmen brachten immer mehr alternative Motoren für E-Bikes auf den Markt. Das wohl bekannteste und erfolgreichste Pedelec war der Urprototyp der deutschen Firma Hercules, welches 19.000-mal in Europa verkauft wurde. Dieser Erfolg war ausschlaggebend für die Veränderung in der E-Bike-Branche – das Fahrrad mit Antrieb wurde langsam aber sicher zum Massenprodukt.

Die Firma Daum-Electronic produziert seit 2010 Motor- und Steuersysteme für Pedelecs. Junior Manager Lauri Jouhki ist begeistert davon, was heutzutage aus technischer Sicht mit einem Fahrrad möglich ist: „Nicht nur, dass das Antriebs- und Steuersystem sich um 360 Grad gewandelt haben,  ein aktuelles Pedelec  aus unserem Haus verfügt auch über ein Internet-Kommunikations-System und GPS.“

Reichweiten bis zu 100 Kilometern

Angetrieben werden E-Bikes und Pedelecs durch Lithium-Ionen-Akkus: Sie zeichnen sich durch hohe Umweltverträglichkeit, hochwertige und leichte Materialen und eine lange Laufzeit aus. „Der Akku hat eine Leistung von 36 Volt und speichert Energie für eine Reichweite von bis zu 100 Kilometern“, erklärt Jouhki. Typisch ist eine Akku-Lebensdauert von 500-1000 Ladezyklen, bei Reichweiten von 100 Kilometern pro Ladung ergibt das 50.000 bis 100.000 Kilometer Laufleistung.

Bei der sogenannten Rekuperation – der Rückgewinnung von Energie – wird die Energie, die durch Bremsen oder bei langen Abfahrten entsteht, wieder in den Akku zurückgeführt und verlängert somit auch noch einmal die Reichweite einer Akkuladung. Die Optik der Pedelecs hat sich seit Anfang der 90er Jahre stark verändert. Damals galten sie noch als klobig waren und als „Reha-Fahrzeug“ verschrien, die die heutigen Elektrobikes sind hingegen in vielen Farben oder gebürstetem Stahl erhältlich.

Matthias Zech hält eine ansprechende Optik und abwechslungsreiche Design für enorm wichtig, um Kunden überzeugen zu können:  „Vom City-Bike mit tiefem Einstieg bis hin zum sportlichen Mountain-Bike gibt es viele Formen und Farben für Jedermann.“ Und wie funktioniert nun die heutige Technologie der Pedelecs?

Elektrorad statt Auto

Beim Elektrorad hat sich der sogenannte Mittelmotor durchgesetzt.Bei diesem wird die Kraft über die Tretlagerwelle direkt ans Kettenblatt abgegeben, welches zusammen mit der Tretkraft über die Kette die Gesamtleistung auf das Hinterrad überträgt. Dabei nutzen Fahrer und Motor die Übersetzung der Schaltung, was einen hohen Wirkungsgrad und damit eine große Reichweite ergibt. „Ein kleiner Sensor berechnet die Trittfrequenz und gibt den Befehl an den Motor, Zusatzkraft einzusetzen.“

Über ein kleines Display am Lenker kann man dann die 0,5 bis zweifachen Mengen der eigenen Muskelkraft zusetzen lassen, “ erklärt Lauri Jouhki. Für die Zukunft der Pedelecs haben die Hersteller der Daum-Electronics Motor- und Steuersysteme auch eine Vision: Sie wünschen sich, dass Elektroräder Autos im Stadtverkehr ersetzen können.

Nicht nur, um der Umwelt einen Gefallen zu tun oder lange Staus zu vermeiden, sondern auch, um die Menschen fit zu halten. Die Prognosen für diese Vision stehen nicht schlecht. So schätzt der Zweirad-Industrie-Verband, dass 2018 rund 600.000 E-Bikes verkauft und damit einen Marktanteil von 15 Prozent haben werden.

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