Von Verena Sesin
Zur biologischen Vielfalt gibt es zahlreiche internationale und regionale Abkommen. Spiegelt sich diese Vielfalt auch in der Medienberichterstattung zum Thema wieder?
Leider nicht. Die Abkommen zur Biodiversität sind in den deutschen Medien nicht sehr präsent. Im Jahr 2008 beispielsweise fand die Vertragsstaatenkonferenz des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD) in Deutschland statt. Im Vorfeld wurde dazu viel Öffentlichkeitsarbeit betrieben, Kampagnen organisiert. Dies verhalf dem Thema jedoch nur kurzfristig zu etwas Aufmerksamkeit. Nach der Konferenz ist die mediale Berichterstattung stark abgeebbt. Dies liegt wohl daran, dass das Thema zu abstrakt bzw. vielschichtig ist und schlecht in einfachen Botschaften vermittelt werden kann.
Zu welchen Themen sollte Ihrer Meinung nach denn häufiger in den Medien berichtet werden?
Da fallen mir besonders zwei Themen ein: Einerseits die Problematik mit modernen Pestiziden in der Landwirtschaft, die Bienenvölker schädigen. Andererseits der Biomasseanbau für die Energiegewinnung, der alles andere als „bio“ ist. Beide Themen haben negative Auswirkungen auf die biologische Vielfalt, da sie dem Grundwasser, der Tier- und Pflanzenwelt Schaden zufügen. Diese Probleme werden von Politikern oft schöngeredet, sodass Gesetzesentwürfe für umweltfreundlichere Verfahren häufig gescheitert sind. An dieser Stelle müssten die Medien mit einer kritischen Berichterstattung ansetzen.
Wie können Journalisten an den großen Komplex der Biodiversität aus Ihrer Sicht besser herangehen?
Da das Thema abstrakt ist, sollten einzelne Elemente herausgenommen werden – wie beispielsweise die Ausbreitung der Wölfe oder Biber. Zwar bringen die Menschen diese nicht direkt mit der biologischen Vielfalt in Verbindung. Allerdings sind Wölfe und Biber Bestandteile biologischer Vielfalt und Journalisten können sie als Aufhänger nutzen, um Leser an das Thema heranzuführen. Auch ein konkretes schönes Gebiet mit den dort lebenden und wirtschaftenden Menschen oder ein aktuelles Ereignis wie Hochwasser mit Vorschlägen zur Rückverlegung von Deichen könnten als Aufhänger dienen, um das abstrakte Thema „Biodiversität“ greifbarer zu machen.
Das sind brauchbare Hinweise. Was könnten Medien noch verändern?
Auch über positive Neuigkeiten sollte berichtet werden. Passiert ein Drama, steht dies schnell in der Presse. Aber gute Projekte müssen für den Leser nicht zwangsläufig langweilig sein. Die Presse sollte die Herausforderung annehmen, auch jenseits von „Untergangsszenarien“ (Tiere und Pflanzen sterben aus) oder Katastrophen einen Aufhänger zu finden, um auch positive Entwicklungen darzustellen. Eine Möglichkeit wären beispielsweise Biographien von interessanten Menschen, die etwas in der biologischen Vielfalt bewegt haben. Wir vom Bundesamt für Naturschutz brauchen diese Art von Unterstützung dringend, da wir als Wissenschaftler offensichtlich nicht in der Lage sind, unsere „Message“ einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln.