Lorenz-Meyer über ein instrumentelles Verständnis digitaler Prozesse. (Bild: Steven Wolf/Hochschule Darmstadt)

Markt und dessen Wachstum bilden eine Einheit. Es wird traditionell angenommen, der Wettbewerb sorge für eine ideale Problemlösung. Er wird bildlich oft als übermächtige, unsichtbare Hand bezeichnet – so führt Lorenz Lorenz-Meyer in seinen Vortrag in der Lehrredaktion „Terrabyte“ im Dezember ein. Der Markt entwickele sich durch individuelle Entscheidungen von Marktteilnehmern. Jedoch müssten kluge, individuelle Entscheidungen nicht das Beste für die Gruppe sein – und dadurch wiederum auch nicht das Beste für das Individuum, so Lorenz-Meyer.

Kluge Köpfe stellen immer wieder verschiedene Theorien zum Thema Markt und Technologie auf. So steht der weißrussische Autor Evgeny Morozov z.B. dem Internet kritisch gegenüber. Trotz den Heilsversprechen aus dem Silicon Valley stellt er die Frage: Bringt uns das Internet mehr Demokratie oder mehr Überwachung?

Digitalisierung bezeichnet in erster Linie den Wechsel von analog zu digital. Durch den Einsatz von Technik können wir Prozesse effizienter und schneller machen. Internet-Zentrismus betrachte das Internet aber als Technologie, so Lorenz-Meyer, die alle Techniken beende und unter sich vereine. Jedoch könne es auch sein, dass es eine Zeit nach dem Internet geben wird. Denn auch viele Medien, die dem Internet vorhergingen, verloren wieder an Bedeutung. So sollten technische Entwicklungen stets kritisch analysiert und bewertet werden.

Verlorene Überraschungen

„Auf den ersten Blick bietet das Internet immer für alles eine Lösung.“, sagt Lorenz-Meyer. „Wenn ich meine eigene Entfaltung jedoch auf das technische Angebot reduziere, gehen Überraschungen verloren.“ Evolution erscheint dann wie eine Einbahnstraße.

Dennoch sollten wir unser Selbstvertrauen zum eigenständigen Handeln nicht verlieren, betont der Professor. Der unsichtbaren Hand vertrauen und sich politisch ausliefern, sei keine gute Idee. Wir sollten uns wieder über Entwicklungen austauschen und diese bewerten. Das gilt sowohl für Marktgeschehen als auch für technologische Entwicklungen. Es nimmt uns Autonomie, Technologie selbst als Akteur wahrzunehmen.

Schließlich unterscheiden wir uns dadurch von einem Computer, dass wir zwischen aktiven Handlungen und willkürlichen Aktionen unterscheiden können. Wir haben Gründe, Absichten und Ziele, nach denen wir handeln, sagt Lorenz-Meyer. Ein Programm könne das aber nicht. Wenn es sich anders verhält, als vorgegeben, unterstellten wir ihm Absichten. In Wirklichkeit handele es sich um einen Fehler, der uns in unserer Autonomie bedroht. Diese gilt es wiederzuerlangen.

Im Zuge dessen können wir uns wieder ein Beispiel an der historischen Bedeutung der Republik nehmen, deren Idee dem modernen Liberalismus entgegensteht, findet Lorenz-Meyer. Wenn sich der Staat nicht einmische, entfalte sich der Markt zwar frei, aber nicht unbedingt so, dass das Beste für die Gesamtheit dabei herauskomme. Es ist aus seiner Sicht genau so viel staatliche Regulierung nötig, dass wir uns frei fühlen können. Einschränkungen des Einzelnen könnten in der Gesamtheit mehr Entfaltungsmöglichkeiten für alle bewirken, was dazu führe, dass wir nicht mehr dem freien Markt und technischen Entwicklungen ausgeliefert seien.

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