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Energie und Umwelt in den Medien – Gedanken von Fritz Vorholz

Kreuzende Kondensstreifen


Ich möchte den letzten Absatz dieses Editorials zitieren, weil er etwas über die damals vorherrschende journalistische Haltung aussagt – jetzt werden Sie auch begreifen, warum ich vorhin das Buch vom Ende der Geschichte erwähnt habe. Also, das Editorial zu unserem Rio-Heft endete folgendermaßen:

„Mehr als voreilig hat – nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Diktaturen – das Schlagwort vom ‚Ende der Geschichte’ die Runde gemacht, so als sei die Welt an ihrem westlichen, glücklichen und trägen Ende angelangt. Nichts falscher als das, wie wir inzwischen sehen. Jetzt fängt diese Geschichte, fängt in diesem Sinne die Politik erst wirklich an. Eine Herausforderung zugleich für den wachsamen Journalismus, auch für die ZEIT.“

Das war eine unmissverständliche Selbstverpflichtung.

Fragen Sie heute mal Chefredakteure. Die sagen Ihnen, dass Klima und Umwelt sich – leider, leider – nicht gut verkaufen. Dass sie am Kiosk ein Desaster sind, und deshalb – leider, leider – nicht so wichtig, ergo nicht prominent präsentiert werden können.

Schauen wir einmal genauer hin, wie vor fast einem Vierteljahrhundert über die Rio-Themen berichtet wurde – und was daraus geworden ist.

Worum es in Rio im Einzelnen ging steht detailliert in den 40 Kapiteln der Agenda 21, dem „Pflichtenheft für das 21. Jahrhundert“, wie das Dokument damals genannt wurde. Es ging um Armutsbekämpfung und um Technologietransfer, um die Änderung von Konsum- und Produktionsmustern, um den Schutz der Erdatmosphäre, der Ozeane und der biologischen Vielfalt, um die Stärkung der Rolle von Frauen, indigenen Völkern und NGOs und natürlich ging es ums Geld, ihrem höchsten Gut, mit dem sich die Mächtigen für eine bessere Welt stark machen wollten.

Eigentlich ist all das für Massenmedien fast eine Zumutung. Denn die Sache ist komplex – die Medien aber leben von und mit Komplexitätsreduktion. Trotzdem, Journalisten haben sich und ihren Lesern damals diese Herausforderung zugemutet, sie waren beseelt davon, was man den „Geist von Rio“ nannte.

Warum war das so? Ich meine, weil die Zeit reif dafür war. Die Nachkriegsära war beendet, und während die Menschen die Früchte des Wirtschaftswunders genossen verdichtete sich der Verdacht, die vorherrschende Art und Weise des Wirtschaftens, der westliche Lebensstil sei womöglich doch nicht der Weisheit letzter Schluss. Es gab Ölpreiskrisen und autofreie Sonntage, es gab die „Grenzen des Wachstum“ und einige andere Reports des Club of Rome, es gab Global 2000, die von dem ehemaligen US-Präsidenten Jimmy Carter in Auftrag gegebene Bestandsaufnahme globaler Trends, an der sogar die CIA mitgearbeitet hatte, es gab Umweltskandale, Warnungen von gestandenen Professoren sowohl natur- wie sozialwissenschaftlicher Disziplinen, es entstanden grüne Parteien, es gab die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl, und schließlich gab es in Deutschland mit Klaus Töpfer, dem damaligen Bundesumweltminister einen begnadeten Kommunikator der Angelegenheit.

Wissen Sie, welcher Redner den meisten Applaus in Rio bekam? Es war Fidel Castro. Er begann seine bemerkenswert kurze Rede mit folgenden Sätzen:

„Auf Grund der schnellen und fortschreitenden Vernichtung der natürlichen Lebensgrundlagen ist eine wichtige biologische Art im Begriff zu verschwinden: der Mensch. Erst jetzt, wo es fast zu spät ist, dies zu verhindern, sind wir uns dessen bewusst geworden. Es sind die westlichen Konsumgesellschaften, die wir als die Hauptverursacher der riesigen Umweltzerstörung ausmachen müssen. Diese Gesellschaften sind aus den alten Kolonialmetropolen und dem Imperialismus entstanden. Sie haben die Rückständigkeit und die Armut hervorgebracht, die heute einen Großteil der Menschheit erniedrigen.“

Das war gar nicht so weit entfernt von der „Wohlstandslüge“, von der Klaus Töpfer damals sprach.

All das ließ sich wunderbar aufschreiben.

Töpfer gab damals zu Protokoll, beim Aufräumen mit der Wohlstandslüge „fast ein olympisches Gefühl“ zu verspüren. Das beflügelte auch die schreibende Zunft, selbst dann noch, als sich zeigte, dass den Regierenden der politische Elan abhanden kam und an der „Heimatfront“ längst wieder die Besitzstandswahrer die Oberhand gewannen. Viele Journalisten und Zeitungen hielten durch und dagegen, beschrieben zum Beispiel, wie eine große Koalition der Verhinderer den ökologischen Umbau des Steuersystems blockiert.

Aber langsam fing es an zu bröckeln. Bei der Uno-Generalversammlung 5 Jahre nach Rio lauteten die Überschriften beispielsweise schon „Absturz vom Erdgipfel“. Und so ähnlich ging es weiter, stetig bergab. „Worte, nichts als Worte“ hieß es 2012, anlässlich von Rio plus 20.

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