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Klimaschutz: „Schauen sie sich die Buchen dort an – kein gutes Zeichen“

Interview: Maya-Katharina Schulz

Wie ist der AK Klima denn aufgestellt, wer ist dabei?

Wir sind zehn Personen und alle berufstätig – jeder bringt sich so ein, wie er kann. Manchmal passiert also relativ wenig. Aber wir treffen uns alle vier Wochen. Von jeder in der Gemeindevertretung vertretenen Fraktion ist ein Mitglied im AK, also von jeder Partei und auch von den unterschiedlichen lokalen Organisationen. Der Vorteil daran ist, dass eine Empfehlung, die wir aussprechen, gleich von allen Parteien kommt. Damit ist es schwieriger, sie einfach beiseitezuschieben.

Was wollen Sie im AK erreichen?

Der AK Klima ist kein Ausschuss, der besonders viel zu sagen hätte, sondern einer, der Empfehlungen gibt. Wir sind ein beratendes Gremium für den KUBA, den Klima- und Bau-Ausschuss. Und wir wollen natürlich, dass unsere Empfehlungen ohne großes parteipolitisches Gezänk angenommen werden. Aber Sie wissen ja, dass wir ganz am Anfang stehen.

Klimaschutz im Mühltal – wo soll man da überhaupt anfangen?

Das Gute ist, dass das kein Geheimnis ist, es liegt alles auf dem Tisch. Es gibt ein Klimaschutzkonzept des Landkreises Darmstadt-Dieburg, in dem detailliert alle Punkte gelistet sind, die wir in den nächsten Jahren angehen müssen. Aber allgemeine Aussagen unterschreibt jeder gerne. Nur wenn es dann an die praktische Umsetzung geht, wird’s schwierig. Dann wird doch wieder über die Interpretation und Priorisierung der einzelnen Punkte diskutiert.

Bild: privat

Der AK Klima wurde 2021 neu besetzt, davor gab es die Steuerungsgruppe Klima. Was ist nun anders?

Der AK Klima ist mehr oder weniger eine Weiterführung, nur etwas anders besetzt. Die Idee ist sehr ähnlich. An der Steuerungsgruppe war ich nicht beteiligt, daher kann ich dazu nur wenig sagen.

Gibt es im Klimaschutz Kooperationen mit den Nachbargemeinden?

Bald wird es einen Klimamanager für den Landkreis Darmstadt-Dieburg geben, der vor allem eine Mittlerfunktion einnehmen soll. Mit den Klimamanagern und Verwaltungen der Nachbargemeinschaften gibt es schon Kontakte, zivilgesellschaftlich arbeiten wir daran.

Und wie sieht es mit der Anpassung an die Folgen des Klimawandels aus, was wollen Sie da machen?

Beim Thema Anpassung und Resilienz stehen wir noch ganz am Anfang. Auch im Mühltal sind die Folgen des Klimawandels für jeden offensichtlich: Schauen Sie sich die Buchen dort an! Die waren noch vor zehn Jahren grün und voll, inzwischen sind die ganzen Kronenbereiche abgestorben. Kein gutes Zeichen. Das liegt an der Trockenheit, denn Buchen brauchen relativ viel Regen. Den haben sie nicht gekriegt 2018. Der Umgang mit dem Wald ist hier ein sehr emotionales Thema.

Was muss Ihrer Meinung nach im Mühltal besonders schnell passieren?

Die absolute Grundlage ist Kommunikation. Es ist noch nicht angekommen, worauf wir zulaufen. Wenn alle verstehen würden, was hier gerade passiert, wo wir in zehn oder zwanzig Jahren stehen, würde mit viel mehr Nachdruck an Fortschritten gearbeitet werden.

Müssen Sie denn hier in der Gemeinde Mühltal für die Bedeutung des Klimaschutzes kämpfen?

Ich selbst bin kein Gemeindevertreter und auch noch nicht lange in der Politik. Trotzdem weiß ich, dass es langwierige Debatten gibt, die man vermeiden könnte.

Gibt es denn Widerstand gegen Klimaschutzmaßnahmen, zum Beispiel gegen Windkraft?

Ja, es gibt einen Standort am Frankenstein, der für Windkraft in Frage käme, der aber wegen entsprechendem Widerstand nicht zustande gekommen ist.

Im vergangenen Semester habe ich ein Interview zum Thema Infraschall und Windkraft geführt, weil ich herausfinden wollte, was wirklich dran ist an diesem Argument der Windkraft-Gegner. Ärgern Sie sich über solchen Widerstand, weil er den Fortschritt verlangsamt?

Die Kritik daran, dass man für Windkraftanlagen Fläche verbrauchen und Bäume fällen muss, mag ja berechtigt sein. Was mich ärgert, ist, dass in Deutschland jahrzehntelang Autobahnen und Stromtrassen gebaut und dafür quadratmeterweise Wald plattgemacht wurden, ohne dass es zu nennenswertem Widerstand kam. Aber bei einer Windkraftanlage muss für jedes Rotmilan-Nest eine Ausgleichsfläche geschaffen werden. Ohne signifikanten Bewusstseinswandel werden wir mit der Windkraft so nicht weiterkommen.

Stichwort Kommunikation und Information als Basis – wo kann man da ansetzen?

Es geht vor allem auch um Desinformation. Das mit dem Infraschall war ein Rechenfehler in einer Studie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe von 2005. Diese Studie wurde später widerlegt, aber wie das so ist, sobald eine Nachricht in der Welt ist, wird sie fleißig zitiert. Und das ist eines der größten Probleme, das wir generell haben: systematische Desinformation, teilweise mit Absicht gestreut. Da muss man kräftig dagegenhalten.

Haben Sie das Gefühl, dass man sich vom Eigentlichen entfernt, wenn man den Fokus eher auf Kommunikation, als auf Handeln legt?

Wir sind in der komfortablen Lage, dass wir uns auf Programme der Landesregierung und anderer Institutionen stützen können, die uns anleiten. Man muss keine Pionierarbeit mehr leisten, sondern kann sich ins gemachte Nest setzen. Aber: Man muss es dann halt auch machen. Das Integrierte Klimaschutzkonzept ist 2017 veröffentlicht worden, die Daten dafür stammen von 2014, 2022 haben es noch immer viele Menschen gar nicht zur Kenntnis genommen.

Was plant der AK Klima dieses Jahr noch im Rahmen der Informationsstrategie?

Was der AK Klima an den KUBA berichtet, ist ja öffentlich zugänglich, aber wir haben nicht die Aufgabe, etwas nach außen zu kommunizieren über andere Kanäle. Dazu bin ich nicht autorisiert.

Ist die Bereitschaft der Mühltaler:innen da, an den Informationsveranstaltungen und Beratungen des AK Klima teilzunehmen?

Eine erste Aktion der Gemeinde, eine Energieberatung für die BürgerInnen, war wenig erfolgreich. Aber jetzt haben wir den Krieg in der Ukraine und bekommen dessen Auswirkungen am eigenen Leib zu spüren. Langsam geht es den Menschen an den eigenen Geldbeutel. Die Situation verändert sich also.

Ist Klimaschutz für Sie manchmal frustrierend?

Ja, natürlich. Ich war bei Greenpeace in den 90er-Jahren. Aus heutiger Sicht war das noch die „gute alte Zeit“, danach ist es mit den Emissionen ja erst so richtig losgegangen. Und wir hatten damals schon den Eindruck, dass es jetzt allerhöchste Eisenbahn wird.

Bei all der Frustration, wann macht Ihnen die Arbeit im AK Klima Spaß?

Mit den anderen Menschen zusammenzuarbeiten, das ist eine gute Sache. Wir lernen uns immer besser kennen. Und es ist auch nicht so, dass einer völlig querschießt – wir wollen alle in dieselbe Richtung wirken. Der Klimaschutz ist zwar bei einigen BürgerInnen präsent, bei anderen aber immer noch weniger. Das müssen wir gemeinsam hier verändern und dabei auch diejenigen abholen, die das Thema noch nicht auf dem Schirm haben.

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