Risikoschutz im Detail – langfristiger Horizont nötig
Viele Studien belegten, dass der Best-in-Class-Ansatz Vorteile bringt. Er sondiert aus allen Branchen die Titel, die die vergleichsweise besten öko-sozialen Leistungen bringen. Und er strebt an, Ereignisrisiken auszuschließen und das Kursrisiko von Aktien oder Anleihen zu begrenzen. Manche Investments schließen besonders heikle Branchen aus dem Universum aus – dann profitieren sie zwar nicht von deren Kursralleys, aber sie leiden auch nicht unter starken Kurseinbrüchen. Das ist belegt.
So waren die meisten Nachhaltigkeitsfonds und ethischen Anleger weder in Lehman Brothers investiert, noch in den Krisen-Ölkonzern BP, weder in den japanischen Atomkonzern Tepco – noch in griechische und spanische Staatsanleihen. Die Kurs- und Wertverluste infolge der Finanz- und Umweltkatastrophen trafen nachhaltige Anleger darum längst nicht so stark wie herkömmliche Investoren.
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Besonders interessant ist der Fall BP: Dort erkannten Nachhaltigkeitsanalysten, dass die Instandhaltungsaufwendungen im Vergleich zum Cashflow unverhältnismäßig niedrig waren. Das hätten auch konventionelle Analysten herauskriegen können – sie haben es aber nicht. Vorausschauende Analysen zahlen sich folglich aus.
Zumal kurzfristige Ereignisse wie Menschenrechtsverstöße, Produktrückrufe, Kundenboykotte oder Proteste gesellschaftlicher Gruppen oft starke und unmittelbare Auswirkungen auf Aktienkurse haben, wie 2013 die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte feststellte. Bei der Rendite-Risiko-Abwägung spiele die Beachtung von Umwelt, Sozialem und Governance folglich eine Rolle, sagt sie.
Allerdings verlangt das einen langfristigen Horizont. Denn Unternehmen auf nachhaltigeres Wirtschaften auszurichten, bedarf Ausdauer und Zeit. Strategien und Maßnahmenprogramme sind langfristig anzulegen, folglich sind schnelle Erfolge rar. Folglich ist auch nicht zu erwarten, dass entsprechende Aktien, Anleihen oder andere Asset Klassen unmittelbar Geld in die Kassen spülen.
Vielmehr, so lautet die These, zahlen sich nachhaltige Anlagen auf lange Sicht aus. Diese These untermauerte bereits Ende 2011 die Universität Zürich und die Zürcher Kantonalbank (ZKB), die nachhaltige internationale Anlageuniversen über zwölf Jahre analysierten, adjustiert nach Risiko und Unternehmensgröße. Demnach bieten strenge nachhaltige Aktienportfolios ein gleich hohes Renditepotenzial wie traditionelle Anlagen, Innovatoren phasenweise gar eine Überrendite.
Die Havard Business School und die London School of Business haben 2014 gar über 18 Jahre betriebswirtschaftliche Leistungen und die Börsenkurse analysiert. Das Fazit ist eindeutig: Besonders stark auf Nachhaltigkeit setzende Unternehmen können nach drei Jahren eine finanzielle Prämie erzielen, die in den Folgejahren ansteigt. In 18 Jahren wurden aus einem Dollar 22,6 Dollar statt nur 15,4 Dollar.
Welche Risiken bergen nachhaltige Anlagen?
Ein Risiko hinsichtlich breit aufgestellter nachhaltiger Anlagen ist der Zeit-Faktor: Nachhaltiges Wirtschaften setzt sich nicht von heute auf morgen um, der schnelle Reibach ist nicht zu machen. Es bedarf langfristiger Investitionen. Das bedeutet – gegenüber der Hochgeschwindigkeitstechnik an den Börsen – nicht drei Monate, sondern Jahre.
Ein weiteres Risiko teilen nachhaltige Titel mit allen anderen: Es kann ökonomische Rückschläge geben. Aktien bleiben Aktien – und Anleihen sind, wie die jüngsten Krisen zeigen, ebenfalls keine sicheren Häfen mehr. Auch nachhaltige Geschäftsmodelle können scheitern, vor allem infolge der für sie vielfach ungünstigen Wettbewerbsbedingungen: Noch immer begünstigen Regulatoren billiges und rücksichtsloses Produzieren.
Andererseits ändern sich Gesetzgebungen zunehmend Richtung Produktverantwortung. Insofern ist es wichtig, dass sich Unternehmen auf den Weg machen und die Erfahrung zeigt, dass sie damit überaus erfolgreich sind, wenn sie es solide tun – als Unternehmen und als Emittenten (s.o.).
Als weiteres Risiko nennen konventionelle Finanzer vielfach, Ausschlusskriterien schmälerten den Anlagehorizont zu sehr und verringerten darum die Renditechancen. Diese Argumentation widerlegte jedoch die wissenschaftliche Forschung. Im Gegenteil: Durch das Ausfiltern von ESG-Risiken sinken auch die finanziellen Risiken.
Ein weiteres Risiko ist die genannte Volatilität von Öko-Technik-Investitionen. Umwelttechnik ist aber unerlässlich für die Energiewende sowie eine grüne Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft, damit die Erde lebenswert bleibt. Es bedarf Investoren, die den Mut haben, Risikokapital zu geben. Wichtig ist, sich der Risiken von geschlossenen Fonds, Private Equity oder Genussrechten bewusst zu sein – dann eignen sie sich durchaus als Beimischung für ein nachhaltiges Portfolio.
All diese Risiken lassen sich managen – entscheidend ist: Es bedarf guter und breit aufgestellter Analysen. Das klingt einfacher, als es sein mag. Dem aber steht gegenüber, dass sich mit der Beachtung von ESG-Aspekten die Risiken in der Kapitalanlage deutlich gegenüber denen konventioneller Investments senken lassen.