Herr Borner, warum ist es Ihnen wichtig, wissenschaftliche Themen für jeden verständlich zu machen?
Es geht im Kern um den Stoffwechsel zwischen Mensch und Natur. Welche Spielregeln und welche Ziele sind da gegeben? Das ist auch immer aus der Perspektive der menschlichen Kultur auf den Stoffwechselprozess mit der Umwelt zu sehen. Gerade in konfliktbezogenen und komplexen wissenschaftlichen Themen ist die Vermittlungsfrage ganz wesentlich. Ich fange dann als Wissenschaftler an mich als “Citizen”, als politischen Bürger, zu sehen, um an bestimmte Bevölkerungsgruppen zu vermitteln. Dann stelle ich mir Fragen, die ich mir als Wissenschaftler in den harten Naturwissenschaften sonst gar nicht stellen würde.
Sie setzen für die Vermittlung zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit auf transmediales Storytelling. Wie funktioniert das?
Ich nehme einfach unterschiedliche Erzählstile und Erzähltechniken und die verbinde ich geschickt miteinander, um damit eine gesamte Geschichte zu erzählen. Durch die unterschiedlichen ästhetischen Momente, die in den Formaten stecken, kann ich bestimmte Plots in meiner großen Erzählung besonders betonen. In einem unserer Projekte lassen wir zum Beispiel einzelne Wissensträger, wie Bürgermeister und Wissenschaftler, und Erfahrungsträger aus verschiedenen Generationen zu denselben Fragestellungen und Thematiken erzählen. Diese Episoden werden dann zu einer großen Geschichte zusammengefügt.
Wie fügt sich transmediales Storytelling in unsere Medienlandschaft ein?
Der derzeitige Umbruch der Medienlandschaft, der Zeitungen und visuellen Medien, weist noch in keine konkrete Richtung. Aktuell läuft das zeitnahe Informieren im elektronischen Bereich ab. Journalisten die für Zeitungen arbeiten und für Magazine im Fernsehen, sollten aufhören diese Informationen zu wiederholen. Ich schaue mir keine Sendung an, um Informationen wieder zu hören, die ich schon vor drei Stunden auf meinem Smartphone gesehen habe.
Welche Konsequenzen hat diese Entwicklung?
Dann kommen wir zu einer ganz anderen Ebene. Diese Medien werden dann angehalten narrativ ranzugehen und Hintergründe und Verursachungsprozesse aufgrund ihrer emotionalen Struktur zu erklären. Das ist aktuell nicht der Fall, aber da werden sie nicht drum herum kommen. Die bewusste narrative Aufklärung, also die Kombination von Kognition, rationalem Wissen und Sachverhalten mit der Darstellung von Auswirkungen auf unsere Alltagskultur, könnte transmediales Storytelling stützen. So würden wir einen anderen Weg einschlagen, als das was die Massenmedien für sich entschieden haben zu tun. Der Journalismus wird dann nicht mehr ausschließlich an die Massenmedien gebunden sein. Ähnlich wie der Blog werden sich weitere Formate entwickeln.
Findet narrative transmediale Berichterstattung heute überhaupt in den Medien statt?
Die massenmedialen Arbeitsplatzbedingungen haben eine ganz andere Ebene. Eben nicht die narrative und analytische Beschreibung von komplexen Themen, sondern weiterhin die flache, mehr skandalbeschreibende Ebene. Und deshalb gibt es eine totale Verunsicherung in der Gesellschaft, da wo wir die Gesellschaft eigentlich weiterbilden müssten. Anders gesagt: da wo wir festes robustes Wissen benötigen, um eine Akzeptanz in der Gesellschaft zu erreichen, tun wir das Gegenteil.