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Ein Geist im Wald

FOTO: REBECCA ETTE
Im Hintergrund dauernd das Rauschen
Von hundert Flugzeugen und tausend Autos,
Zu selten ist es um mich lautlos.
Sie rennt mir immer hinterher
Die Moderne, das Gesicht verzerrt,
Vor Druck und Stress und immer mehr.
Zu oft bleibt mir die Ruh’ verwehrt,
Mein Geist zu voll, wünsch ihn mir leer.

Mein Körper weit genug entfernt,
Er steht im Wald, macht Atempause.
Den Geist entspann' hab ich verlernt,
Hab diesen Ort nie kennengelernt.
Und trotzdem fühl ich mich Zuhause,
Als Kind in Wäldern ganz weit draußen
War mein Geist noch voller Flausen,
Ein Wald, als wär’ ich heimgekehrt.

Muss mich lösen, will dem Körper folgen,
Die Seele im Wald, ganz frei von Sorgen.
Also schließ' ich die müden Augen
Und beginne, der Tiefe zu lauschen.
Höre die Vögel singen und klopfen,
Den kühlen Tau der Bäume tropfen.
Das Rauschen, es schwindet immer mehr,
Doch wie meine Lieder, ist der Geist noch zu schwer.

Die Sonne die Pflanzen und Bäume nährt,
Die meine starren Finger erwärmt,
Liegt auf meinen Wangen ganz warm und rot,
Im Dezember die kriechende Kälte abwehrt.
Ich heb' die Lider und seh' wo zuvor
Der Ast eines Baumes den Halt verlor,
Ragt die Rinde mit Kanten und Zacken hervor,
Aufgebrochen wie ein frisches Krustenbrot.

Und milchig scheint sie durch die Wolken,
tief schwebend über den Wipfeln der Bäume.
Zu manchen Zeiten bricht sie hindurch
Und strahlt mit ihrem gold-weißen Licht,
Auf das helle grünbraune Walddickicht.
Brennesseln funkeln, wie mit Zucker bestreut,
Doch sie bleiben dem heißen Gemüt getreu.
Aus glitzerndem Frost wird schillernder Tau,
Und zwischen den Wolken das Himmelblau.

Vor mir wie ein gemaltes Bild
Das seichte Wasser wie es den Himmel spiegelt,
Als bestünde die Welt zweimal und verkehrt,
Ein lebendes Stillleben, das sich der Künstler entbehrt.
Ein Faltbild gerahmt in Stämmen und Zweigen,
Die Natur macht sich die Kunst zu eigen.
Und endlich hat sich der Geist geleert,
Befreit von allem, was an ihm zerrt.

Dort unten am Ufer das größte Wesen,
Der Fluss wie er schwappt und immer am fließen,
Trägt einen Schwan, die Anmut der Natur,
mit hohem Kopf und stolzer Statur.
Er verdrängt das Grau in hell weißem Glanz,
Kräuselt das Wasser, das Gefieder umtanzt
Und spricht mir dabei einen stillen Schwur
Von zeitloser Schönheit und Eleganz,
So pur.

Ich atme tief, der Blick er schweift,
Spüre den Wind, der um mein Gesicht streicht.
Der mit zierlichem Haar die Wangen umwiegt,
Sie zärtlich leicht kitzelt, zum letzten Abschied.
Und wie der Wind ist es auch mein Geist,
Der statt meiner Wangen die Ruhe streift.
Spür' wie er sich sehnt, wie er nach ihr greift,
Die Ruhe packt und endlich, er trägt sich so leicht.
FOTO: REBECCA ETTE
FOTO: REBECCA ETTE
FOTO: REBECCA ETTE
FOTO: REBECCA ETTE
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